Inzwischen leben mehr als sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Jeder von ihnen lebt in seiner eigenen (Gedanken-)Welt. Zutritt für andere verboten! Das erinnert mich an eine Geschichte, die sich vor Jahrhunderten zugetragen hat, zu einer Zeit, als es weder Autos noch Busse und Bahnen gab.
Ein alter Mann saß unter einem großen Baum und hielt einen Mittagsschlaf. Plötzlich trat ein junger Mann an ihn heran und bat um eine Auskunft.
„Guter Mann, kannst du mir sagen, wie weit es noch ist bis zur nächsten Stadt?“, fragte er den inzwischen aus dem Schlaf erwachten alten Mann.
„Gut eine Stunde Fußmarsch von hier“, sagte der Alte. Der junge Mann bedankte sich. Er war bereits im Begriff zu gehen, da drehte er sich noch einmal um und fragte:
„Kannst du mir auch sagen, auf was für Menschen ich dort treffen werde? Sind sie reich oder arm? Sind sie dumm oder schlau? Sind sie nett?“
„Nun“, fragte der alte Mann,
„welche Menschen leben in deiner Heimat?“
„Betrüger, Gauner, Diebe, Gesindel und Verbrecher“, antwortete der junge Mann wütend.
„Genau diese Menschen leben auch in dieser Stadt“, belehrte ihn der Alte. Der junge Mann drehte sich um und lief laut fluchend in Richtung Stadt, wohl wissend, was ihn dort erwarten würde. Der alte Mann legte sich wieder hin und schlief weiter. Es dauerte nicht lange, da hielt ein Bauer mit seinem Esel-Fuhrwerk und bat ebenfalls um Auskunft.
Der alte Mann erklärte ihm, dass auch er etwa eine Stunde benötigen würde, um die große Stadt zu erreichen. Der Bauer kam von weit her und kannte diese Gegend nicht. Nun wollte er noch wissen, welche Menschen in dieser schönen Stadt lebten.
Der alte Mann fragte den Bauern: „Welche Menschen leben in deiner Heimatstadt?“. Die Augen des Bauern leuchteten, als er von all den wunderbaren Menschen aus seiner Heimat berichtete.
„Dort leben lauter ehrbare nette Leute. Jeder achtet jeden. Wir haben viel Spaß miteinander.“ Der alte Mann schaute in das Gesicht des Bauern und antwortete:
„Genau diese Menschen wirst du in dieser Stadt treffen. Ich wünsche dir viel Freude.“ Der Bauer bedankte sich und trottete fröhlich pfeifend mit dem Esel in Richtung Stadt. Ein kleiner Junge, der in der Nähe des Baumes mit seinen Murmeln im Sand spielte, wurde unfreiwillig Zeuge dieser Gespräche. Ihn irritierten die Antworten des alten Mannes so sehr, dass er all seinen Mut nahm und auf den alten Mann zuging, obwohl seine Eltern ihm verboten hatten, Fremde anzusprechen.
Mit schlotternden Knien stand er vor dem alten Mann unter dem großen Baum und fragte mit zittriger Stimme:
„Dir haben zwei Männer die gleiche Frage gestellt, aber du hast zweimal unterschiedlich geantwortet. Warum?“ „Nun“, sagte der Mann, „wir sehen immer nur das, was wir sehen wollen, und schaffen uns damit unsere eigene Welt. Wenn wir glauben, dass die Welt nur aus Betrügern besteht, dann werden wir betrogen. Wenn wir, so wie der Bauer, an das Gute im Menschen glauben, dann werden um uns herum nur nette Menschen sein. Du allein hast die Wahl.“
Der Junge verstand und ging wieder spielen, weil der alte Mann noch dringend eine Portion Schlaf nachzuholen hatte. Das Fazit dieser Geschichte lässt sich am einfachsten mit einem Zitat vom römischen Kaiser Marc Aurel (121-180) zusammenfassen: „Das Leben eines Menschen ist das, was seine Gedanken daraus machen.“
Was so einfach klingt, ist wirklich so einfach. Wer immer nur die schlechten Dinge im Leben sieht, kann sich unmöglich wohl fühlen. Wer dagegen positiv gestimmt ist und mehr Chancen als Risiken sieht, lebt nicht nur erfolgreicher und gesünder, sondern sogar noch länger. Zu dieser tollen Erkenntnis gelang der renommierte „Glücksforscher“ Prof. Martin E. Seligmann nach der Auswertung einer 30-Jahres-Studie.
Der Psychologe stellte fest, dass eine leicht pessimistische Grundhaltung das Sterberisiko statistisch um 19 Prozent erhöht. Umgekehrt wirkt es auch. Je optimistischer ein Mensch in die Zukunft blickt, desto länger wird er leben. So das Fazit einer weiteren Studie, diesmal von der Uni Pittsburgh. Die Wissenschaftler infizierten mehrere hundert Freiwillige mit Schnupfenviren. Das Ergebnis ist eindeutig. 62 Prozent der Pessimisten bekamen eine Erkältung. Bei den Optimisten war es nur ein Drittel (35 Prozent). Wille, Hoffnung und Optimismus, das sind die drei Säulen, die nicht nur vor Krankheit schützen, sondern dich fit fürs Leben machen. Selbst wenn du kein Kämpfertyp bist, hast du gute Chancen, dein Leben positiver zu gestalten.
Dazu Prof. Seligman: „Den Willen und den Optimismus kann man bis ins hohe Alter trainieren. Man darf nur nicht aufgeben.“
Gib niemals auf. Optimisten erleben genauso häufig Niederlagen wie Pessimisten. Es gibt kein Abo auf das Glück. Der Unterschied liegt darin, dass sich Optimisten seltener oder gar nicht geschlagen geben, während Pessimisten viel schneller resignieren.
„Carpe diem“ mahnten die Lateiner, was so viel bedeutet wie: „Lebe im Hier und Jetzt“. Positiv denkende Menschen sorgen sich nicht so sehr um die Zukunft. Sie konzentrieren sich auf den Augenblick, weil sie nur in diesem Zustand handeln können.
Niemand kann eine vergangene Sekunde zurückholen, niemand kann eine Minute schneller leben. Sorgen um die Zukunft sind genauso dumm wie das Grübeln über die Vergangenheit. Wer im Hier und Jetzt lebt, hat die größten Chancen, die Weichen in Richtung Lebenserfolg zu stellen. Wer sich nur einen Augenblick gedanklich von dem Hier und Jetzt verabschiedet, lebt falsch.
Auch hier zitieren wir gern Marc Aurel: „Wenn du besonders ärgerlich und wütend bist, erinnere dich, dass das Leben nur einen Augenblick währt.“
Wer an sich glaubt, ist ein Gewinnertyp. Weiter oben habe ich dir die kleine Geschichte mit dem alten Mann und den Männern erzählt. Optimisten sind davon überzeugt, Aufgaben bewältigen zu können. Sie glauben an ihren Erfolg. Pessimisten dagegen verzweifeln bereits nach kleinen Rückschlägen.
Eine negative Kettenreaktion ist die Folge. Eine Niederlage nach der anderen macht sich breit, und der Pessimist fühlt sich bestätigt. Ein Teufelskreis, aus dem er meistens nicht mehr entrinnen kann, es sei denn, er ändert seine Einstellung.
Optimisten schmollen nicht. Pessimisten nehmen dagegen jede Kritik persönlich, während Optimisten davon ausgehen, dass es nur um die Sache geht. Das erspart ihnen viele Kränkungen.
Gern zitiere ich zu diesem Thema meinen Lieblingsschriftsteller, Johann Wolfgang von Goethe. Er sprach zwar nicht vom Optimisten, meint aber mit seiner Botschaft das Gleiche. Er nannte neun Dinge, die man für ein zufriedenes Leben braucht:
- genügend Gesundheit, um sich mit Freude der Arbeit widmen zu können
- genügend Wohlstand, um seine Bedürfnisse zu befriedigen
- genügend Kraft, um mit seinen Schwierigkeiten zu kämpfen und sie zu besiegen
- genügend Gnade, um seine Sünden zu bekennen und zu überwinden
- genügend Geduld, um sich zu bemühen, bis etwas Gutes zustande gekommen ist
- genügend Nächstenliebe, um in seinem Nachbarn etwas Gutes zu entdecken
- genügend Liebe, um sich zu entschließen, anderen zu helfen
- genügend Glaube, um die wahren Werke Gottes zu tun
- genügend Hoffnung, dass all die angstvollen Zukunftsgedanken schwinden
Damit ist alles gesagt. Jetzt ist es an dir, dieses Wissen umzusetzen.
Fange an. Nicht irgendwann, sondern jetzt!